BLACKBOX HEIMERZIEHUNG: Wanderausstellung über die repressive DDR-Heimerziehung
Mit der Ausstellung BLACKBOX HEIMERZIEHUNG soll an die Geschichten der DDR-Heimkinder erinnert werden. Am 24. April wurde sie vor dem Theater eröffnet.
Gemeinsam mit dem Kulturamt der Stadt Gera und dem Theater Altenburg Gera hat die Gedenkstätte Amthordurchgang die Wanderausstellung BLACKBOX HEIMERZIEHUNG der Gedenkstätte Geschlossener Jugendwerkhof (GJWH) Torgau nach Gera geholt und am 24. April eröffnet. In dem umgebauten Seecontainer, der auf dem Theaterplatz steht, bekommt man Einblicke in die Thematik der Heimerziehung in der DDR.
In der DDR legte der Staat großen Wert auf Erziehung, insbesondere mit dem Ziel der Herausbildung von „sozialistischen Persönlichkeiten“. Das SED-Regime nutzte dafür nicht nur Normalheime für Waisen und Kinder/Jugendliche aus schwierigen Verhältnissen, sondern betrieb auch Spezialheime. Die waren für Kinder und Jugendliche gedacht, die als „verhaltensgestört“ und „schwererziehbar“ beurteilt worden sind. Das betraf häufig Jugendliche, die sich nicht an das DDR-Regime angepasst haben, beziehungsweise nicht in die DDR gepasst haben. Unter sehr strengen Methoden wurde versucht, sie in das System der DDR einzufügen.






Die Ausstellung gibt Einblick in den Weg, den viele durch die verschiedenen Heime bestritten haben. Es beginnt mit Durchgangsheimen, von denen es auch eines in Gera gab. Des Weiteren gab es Spezialkinderheime, Jugendwerkhöfe und als Endstation den Geschlossenen Jugendwerkhof Torgau. „In dieser Einrichtung wurde die Persönlichkeit junger Menschen bewusst gebrochen“, beschreibt die heute dort ansässige Gedenkstätte die Grausamkeit von Torgau.
Auf der Seite des Containers ist eine Karte mit allen Standorten. Über einen QR-Code kann man auch mehr zu dem Heim in Gera erfahren. 1949 wurde in der Greizer Straße 23, einem vormaligen Waisenhaus, das Durchgangsheim Gera eröffnet. 1961 folgt die Umsiedlung in das Jugendwohn- und Durchgangsheim „Ernst-Thälmann“ in der Wilhelm-Pieck-Straße (heute Berliner Straße) 138. In der ehemaligen Fabrikantenvilla befindet sich auch heute noch ein Kinder- und Jugendwohnheim, jedoch mit besseren Bedingungen.


„Die Aufarbeitung der SED-Diktatur bleibt eine Aufgabe von uns allen“, erinnerte Kulturamtsleiter Felix Eckerle. Doch bis heute stockt die Aufarbeitung, viele Betroffene sind in ihrem Leben nie richtig auf die Beine gekommen. Entschädigung gab es nur für die Menschen, die in Torgau waren. Mit der Wanderausstellung kann man das Thema weiterhin beleuchten. Seit 2022 ist der Container unterwegs, Gera ist der erste Standort im Jahr 2025. Es ist der 20. Standort. Bisher wurden rund 46.000 Besucher*innen gezählt.
Im Theater hat man den jetzigen Standort auf dem Theaterplatz begrüßt. „Theater sind auch immer Orte der Erinnerungskultur“, erzählte Dr. Sophie Oldenstein, Chefdramaturgin des Theaters Altenburg Gera. Im Spielplan 2025/26 soll die Thematik auch aufgegriffen werden.






Zur Eröffnung war auch Zeitzeuge Alexander Müller da. Müller stammt aus dem Vogtland und kam erst in die Übergangsheime Mildenau und Rodewisch, bevor er im Jugendwerkhof Burg bei Magdeburg landete. Von dort ging es nach Torgau, zurück nach Burg und wieder nach Torgau. Er wurde im November 1985 aus Torgau entlassen. Im Herbst 2008 kam er erstmals zurück an diesen Ort. Es dauerte weitere zwei Jahre, bis er darüber reden konnte und als Zeitzeuge zur Verfügung stand.
„Ich finde es richtig und wichtig“, sprach er im Gespräch mit Gerda über die Ausstellung. „Viele suchen Antworten, hier können sie welche finden. Ich finde, das ist ein Anlaufpunkt, um mal darüber zu sprechen.“ Betroffenen fällt es oft schwer, von selbst darüber zu reden, da kann die Ausstellung Impulsgeber sein. Der Begriff „Heimkind“ sei nach wie vor stigmatisierend.



Während der Eröffnung kamen zufällig zwei Männer vorbei, die angaben, selbst DDR-Heimkinder gewesen zu sein. Während der eine betrunken und empört abzog, ließ sich der andere auf ein Gespräch ein. Vielleicht ist seine Geschichte bald auch Teil der Ausstellung und Aufarbeitung.
Die BLACKBOX steht noch bis zum 24. Juni in Gera. Die Ausstellung ist montags bis freitags von 10 bis 18 Uhr geöffnet und an Wochenenden entsprechend der zeitlichen Kapazitäten des Theaters zugänglich. Am 4. Mai ist Alexander Müller erneut vor Ort und steht als Zeitzeuge Gesprächen zur Verfügung. Zusätzlich findet am 4. Juni 2025, 18 Uhr, ein Podium zum Thema: „Verlorene Zeit. Mit der Heimerziehung war meine Kindheit zu Ende.“ im Theater (Chorsaal) statt.