Über die "unerträglichen" Frauen der DDR
"Gemeinsam sind wir unerträglich". Unter diesem Titel wird am 21. Januar eine Wanderausstellung in der Gedenkstätte Amthordurchgang eröffnet. Es geht um die Frauenbewegung in der DDR.
Frauen galten als gleichberechtigt in der DDR. Dennoch bildeten sich ab 1980 zahlreiche Frauengruppen, die zur unabhängigen Frauenbewegung zusammenwuchsen. Die Wanderausstellung „Gemeinsam sind wir unerträglich“ gibt in der Gedenkstätte Amthordurchgang Einblicke in die Geschichte der autonomen Frauenbewegung in der DDR. „Es geht darum, wie sie Anfang der 1980er entstanden ist“, erklärt die leitende Kuratorin Ulrike Rothe gegenüber Gerda. Ende der 1980er wurde es zu einer Bewegung, weil sich die einzelnen Frauengruppen vernetzt haben. „Das gipfelte in der Gründung eines Dachverbands 1989“.
Rothe beschäftigt sich seit mindestens fünf Jahren mit dem Thema. Sie selbst hat ihre ersten 17 Lebensjahre in der DDR verbracht und hat als Historikerin verschiedene Projekte zu marginalisierten Menschen in der DDR gemacht. Dabei hat sie festgestellt, dass es hier eine Forschungslücke gibt. Zusammen mit ihren Co-Kuratorinnen Rebecca Hernandez Garcia und Judith Geffert hat sie geforscht, Archive durchsucht und Interviews geführt. Gefördert wurde die Ausstellung mit Mitteln der Bundesstiftung zur Aufarbeitung der SED-Diktatur, der Brandenburgischen Landeszentrale für politische Bildung und des Landesbeauftragten für Mecklenburg-Vorpommern für die Aufarbeitung der SED-Diktatur. Im Dezember 2023 konnten sie ihre Wanderausstellung in der Berliner Gethsemanekirche das erste Mal zeigen. Seitdem ist die Ausstellung viel unterwegs. Es gibt viele Anfragen.
In vier Kapiteln durch die Geschichte
Der Titel der Ausstellung stammt von der Gruppe „Lesben in der Kirche“ aus Ostberlin. Die hatten eine kleine Postkarte mit dem feministischen Faustsymbol und diesem Zitat. Die Ausstellung ist in vier Kapitel aufgeteilt.
Impulse: Hier geht es um die Entstehung der Bewegung, mit Aussagen von Frauen warum sie ihre Gruppen in Leben gerufen haben.
Begrenzte Öffentlichkeit/Widerstand: Beobachtung, Bespitzelung und der Widerstand dagegen; die Frauengruppen waren in dem Regime Repression ausgesetzt. Aber sie konnten sich auch wehren.
Eine Bewegung entsteht: Ab 1985 gab es einen Anstieg an Frauengruppen. Man erfährt, welche Themen und Positionen diese hatten sowie mit welchen Projekten und Foren sie sich vernetzt haben.
1989: Aufbruch & Wende: Im letzten Abschnitt geht die Ausstellung auf den Unabhängigen Frauenverband und den Einfluss auf die damalige Politik ein.
In der Bewegung war Thüringen sehr stark vertreten. Es gab unter anderem Gruppen in Erfurt, Jena, Weimar und Eisenach. Aber Gera ist nicht in der Ausstellung gelandet. „Das müsste auch noch mal erforscht werden“, sagte uns Rothe, „Ich hoffe, dass die Ausstellung anregt, nachzuforschen und Aufarbeitung zu starten“.
Rothe erklärte auch, dass die Ausstellung bei anderen Ostfrauen auch Unbehagen und Irritation ausgelöst habe. „Wir waren doch emanzipiert?“, fragten einige. Es gäbe auch Streit um die Anerkennung als Bewegung, da sie im Vergleich zum Westen kleiner ist. Um die Bewegungsmerkmale geht es im finalen Teil der Ausstellung. Rothe stellte sich dabei auch die Frage: „Was heißt es, sich kritisch in einer Diktatur zu engagieren?“
Eröffnung am 21. Januar
Die Ausstellung öffnet am 21. Januar um 18 Uhr. Zu Gast sind einstige Akteurinnen aus Gera sowie Barbara Sengewald, die im Neuen Forum war. Frank Karbstein wird durch den Abend moderieren. Bis zum 19. Februar 2025 ist sie in Gera zu sehen. In Ergänzung wird am 4. Februar der Film „Die Unbeugsamen II – Guten Morgen, ihr Schönen!“ im Metropol Kino gezeigt. Darin geht es um 15 selbstbewusste Frauen, die zur Gleichberechtigung in der DDR und dem trotzdem regierenden Patriarchat erzählen.
Im Mitteldeutschen Verlag ist auch ein Katalog zur Ausstellung erschienen. Dieser bietet noch mehr Material und Fotos sowie eine Übersicht der Archive. Außerdem beinhaltet er Essays von ostdeutschen Journalistinnen.