Erstmals wieder Gegenprotest bei Montagsdemo
Lange gab es keinen regelmäßigen Protest gegen die von Rechtsextremen organisierten Montagsdemos in Gera. Am Montag änderte sich das. Gegenprotest soll es nun regelmäßig geben.
Als am 20. Dezember 2021 die erste von den seither wöchentlich laufenden Montagsdemos am Hofwiesenparkplatz startete, gab es einen spontanen Gegenprotest auf dem Theatervorplatz. Rund 30 Leute standen etwa zweitausend Menschen entgegen. Nicht alle der Tausend waren Rechte, vielen ging es um Frust, Angst und Verunsicherung während der Pandemie. Aber schnell war klar, dass die Demos von Rechtsextremen organisiert werden und zahlreiche eindeutig rechtsextreme Personen mitliefen. Auch das öffentlichkeitswirksame Bild, was durch Reden und Plakate nach außen getragen wurde, bestätigte diese Entwicklung. Der Gegenprotest war dann bis März 2022 als Menschenkette am Museumsplatz angemeldet und hörte auf, weil viele der Teilnehmenden in der Ukraine-Hilfe involviert waren. Seitdem fanden nur noch einzelne Aktionen/Gegenproteste bei ausgewählten Demos und Kundgebungen statt.
Der Theatervorplatz war fest in der Hand der Rechtsextremen, die ihre Demos lange voraus und regelmäßig angemeldet haben. Bis Ende Juli. Nach seinem Compact-Sommerfest war Rechtsextremist Christian Klar, der die Demos seit jeher anführt, über das Ordnungsamt, das ihm bisher viel Freiraum gelassen hat, verärgert und kündigte an, die Montagsdemos nicht mehr anzumelden.
Mit dem nicht Anmelden der Demos eröffnete sich eine neue Möglichkeit für den antifaschistischen Widerstand in Gera, die sogleich genutzt wurde. So wurde für den Theatervorplatz am 12. August die Kundgebung: „Friedliche Gegendemo. Gera ist bunt, weltoffen und multikulturell!“ angemeldet und vom Aktionsbündnis Gera Gegen Rechts beworben. „Irgendwer muss sich mal gegen die Nazis stellen. Und ich hab das einfach angemeldet“, verdeutlicht die Anmelderin des Gegenprotests den Grund. Sie kommt eigentlich aus Leipzig, ist hier in Gera aber gut aufgenommen worden und möchte sich engagieren. „Ich versuche einfach nur da zu sein“, erklärt sie ihr Engagement. „Gera ist nicht so, wie Christian Klar und seine Leute das darstellen“.
Rund 90 Personen, darunter einige Familien, stellten sich mit Schildern und Fahnen vor dem Theater auf, als die Montagsdemo vom Hofwiesenparkplatz startete. Die erste Konfrontation wurde durch eine Straßenbahn, die zufällig zwischen beiden Versammlungen hielt, niedrig gehalten und die Demo zog weiter durch die Stadt. Drei Rechte blieben aber da und pöbelten den Gegenprotest und die Polizist*innen an, bis sie weggeschickt wurden.
Als die Demo zurückkam, war die Stimmung deutlich angespannter. Einigen Menschen vom Gegenprotest nach war auch zu wenig Polizei zum Schutz. Es war auch nicht klar, ob der Theatervorplatz, der sonst immer für die Abschlusskundgebung der rechten Demo genutzt wurde, für beide Versammlungen geteilt werden sollte. Doch die Rechten zogen weiter und hielten ihre Abschlusskundgebung am Pavillon bei der Orangerie. Beim Aufeinandertreffen wurde es verbal ziemlich laut, aber dabei blieb es. In der Bilanz der Polizei gab es drei Strafverfahren wegen Volksverhetzung, Beleidigung gegenüber einem Polizeibeamten sowie Beleidigung/Verstoß gegen § 86a StGB ein. Bei letzterem ging es um einen 58-Jährigen, der im Anschluss an die Demo mit Beleidigungen, ausländerfeindlichen Aussagen und dem Zeigen des Hitlergrußes auffiel. Nicht mit registriert wurde das Zeigen von Bundesadler sowie Stadtwappen der Stadt Gera, für die eine Erlaubnis notwendig ist. Bei den anderen Versammlungen am Montagabend, dem Gegenprotest, „Montagsdemo Gera – das Original, Schluss mit den Reformen gegen uns!“ auf dem Museumsplatz und „Momento. Gutes über die Stadt“ vor der Salvatorkirche hat die Polizei keine Straftaten verzeichnet.
Als die Demo am Gegenprotest vorbeizog, rief ein Demonstrant durch sein Megafon, dass beim Gegenprotest ein Hakenkreuz zu sehen ist und die Polizei das bitte anzeigen solle. Dabei handelt es sich aber um das Piktogramm, bei dem eine Figur das Hakenkreuz in die Mülltonne wirft. In diesem Kontext ist das Hakenkreuz nicht strafbar.
„Ihr seid spitze! Wir haben gewonnen!“, lobte ein älterer Antifaschist die Menschen vom Gegenprotest, als die Demo vorbeigezogen war. „Ich find’s so super“, stimmte die Anmelderin mit ein. „Bis nächsten Montag!“ Bis Ende des Jahres ist nun der Protest gegen die Montagsdemos angemeldet.
Wie die Stadt Gera mit den Demos umgehen will, antworte sie Gerda in einem Statement:
Aufgrund des hohen Gutes des Versammlungsrechts ist die Vorgehensweise bei unangemeldeten Versammlungen vergleichbar mit angemeldeten Versammlungen. Jede Versammlung ist als Einzelfall zu bewerten. Ergeben sich tatsächliche Anhaltspunkte, dass nach den zur Zeit des Erlasses der Verfügung erkennbaren Umständen die öffentliche Sicherheit oder Ordnung bei Durchführung der Versammlung oder des Aufzuges unmittelbar gefährdet ist, können Auflagen erteilt werden. Ein Verbot kommt als ultima ratio in Betracht.
Bereits zu den sog. Hygienespaziergängen hat die TaskForce Versammlungslagen des Innenministeriums im Jahr 2021 ausgeführt, dass auch Versammlungen, die nicht angemeldet sind, unter den Schutz der Versammlungsfreiheit fallen und „wie eine Versammlung“ zu behandeln sind. Insoweit sind die Beeinträchtigungen für den Straßenverkehr hinzunehmen.
Das unberechtigte Verwenden des Wappens der Stadt Gera erfüllt keinen Straftatbestand. Für derartige Verstöße ist auch nicht die Versammlungsbehörde zuständig.