Unter dem Motto “MEHR – Lohn, Freizeit, Sicherheit” riefen der Deutsche Gewerkschaftsbund (DGB) zu ihrer alljährlichen 1. Mai-Kundgebung auf dem Markt auf. Neben den verschiedenen Gewerkschaften waren auch Vereine und Parteien mit Infoständen dabei. Die Parteien waren namentlich SPD, Grüne, Linke, sowie Bündnis Sahra Wagenknecht, DKP und MLPD. Letztere beiden sind zwei Kleinstparteien, die vom Verfassungsschutz aufgrund ihrer marxistisch-leninistischen Ausrichtung als verfassungsfeindlich eingestuft sind.
Im Programm der Kundgebung ging es vor allem um Löhne und Tarife. Man war sich insgesamt einig, dass den Arbeiter*innen mehr zusteht. Der DGB-Kreisvorsitzende Thomas Elstner fordert zuerst den Inflationsausgleich: “Und dann noch eine Kelle drauf!”
Eine Vertreterin von ver.di findet, dass der Mindestlohn an sich zwar gut ist, aber einen Rattenschwanz wie Preis- und Mietsteigerungen mit sich bringt. Man müsste zusätzlich noch die Sozialleistungen verbessern. “Am Ende hast du oft nicht mehr raus”, sagt sie. Stefan Wagner von der Gewerkschaft Nahrung-Genuss-Gaststätten (NGG) thematisierte darüber hinaus den fairen Umgang mit den Arbeitnehmer*innen. Die NGG ist die älteste Gewerkschaft in Deutschland. Ursprünglich in der Tabakindustrie entstanden, kümmert sie sich heute in Thüringen vor allem um Brauereien und Lebensmittelhersteller.
Warum sind Gewerkschaften wichtig?
Über den Sinn und Nutzen von Gewerkschaften waren sich die Gewerkschaften, wenig überraschend, einig. “Weil sie die Lobby der Arbeitnehmer sind und mehr erreichen als eine Einzelperson”, erklärt Elstner von dem DGB. “Mit genug Kampfkraft erreicht man was.”
“Man muss den geschichtlichen Prozess sehen”, erklärt Bernd König von der Industriegewerkschaft Bauen-Agrar-Umwelt (BAU). “Nur wenn Arbeiter zusammenhalten, kann es besser gehen.”
“Weil die Gewerkschaften die einzigen sind, die die Arbeits- und Lebensbedingungen wirklich verbessern,” verdeutlicht es Franziska Wolf von der IG Metall (IGM). Sie wollen “im bestehenden System die Zustände verbessern und die Leute dazu bringen, die Systemfrage zu stellen”. Auch helfen die Gewerkschaften in schwierigen Situationen, wie es in folgendem Beispiel klar wird. Eine ver.di-Vertreterin erzählte von ihrer eigenen Arbeitslosigkeit und dass die Gewerkschaft sie vor einer Rückzahlung von Bezügen bewahren konnte.
Ist die Situation der Arbeiter*innenklasse seit der Wende besser oder schlechter geworden?
"Wie gut können Arbeitsbedingungen im Kapitalismus sein?”, erwiderte Wolf mit einer Gegenfrage. Laut Thomas Elstner schwanke die Situation hin und her. Er sieht die Schere zwischen Ost und West noch sehr deutlich. “Bei denen ohne Tarifvertrag sogar mehr.”
“Ich würde sagen, verschlechtert”, findet die ver.di-Vertreterin. Sie erinnert sich daran, dass in der DDR alle in der Gewerkschaft (FDGB) waren und im Kollektiv agiert haben, “Wir haben uns untereinander geholfen.”
“Grundsätzlich besser”, findet König von BAU, obwohl auch er den Zusammenhalt vermisst. “Die Struktur auf dem Bau hat sich massiv verändert.” Die Arbeit ist weniger handwerklich, sondern mehr technologie-basiert. Dadurch ist die Arbeit ist zwar leichter, aber einen massiven Mangel an Arbeitskräften gibt es doch. BAU setzt sich auch für eine ordentliche Unterbringung und Bezahlung von Saisonarbeiter*innen ein. Darin unterscheidet sich das Vorgehen von BAU mit den Bauernprotesten, wo es vor allem um die Interessen der Betriebe ging. Von der BAU waren die Proteste nicht autorisiert .
Das Publikum der Veranstaltung bestand überwiegend aus älteren Menschen und Familien. Junge Leute wurden von dieser Art der Veranstaltung offensichtlich nicht angezogen, obwohl ihnen die meiste Zeit auf dem Arbeitsmarkt noch bevorsteht. Eine alternative Veranstaltung lockte deutlich mehr junge Menschen an:
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