„Stoppt Femizide, Man(n) tötet nicht aus Liebe!“
Die wöchentliche Antifa-Kundgebung hat sich nach dem versuchten Femizid in einer Geraer Straßenbahn dem Thema Gewalt an Frauen gewidmet. Es wurde Kritik am Patriarchat, am System und am OB geäußert.
In Reaktion auf den versuchten Femizid am Sonntag wurde das Thema der wöchentlichen antifaschistischen Kundgebung vor dem Theater spontan geändert. Statt Musikbingo gab es wütende Redebeiträge. Das Aktionsbündnis Gera gegen Rechts schloss sich kurzfristig mit dem Netzwerk gegen Feminizide Thüringen zusammen. Auch andere Gruppen sowie Parteien beteiligten sich. Es gab Anreise aus Leipzig und Jena.
Festnahme nach versuchtem Femizid
Kurz vor 9 Uhr hat sich der Tatverdächtige zur Landespolizeiinspektion Gera in die Theaterstraße begeben und sich widerstandslos festnehmen lassen. Am Morgen gab es weitere Durchsuchungsmaßnahmen seiner Wohnung, bei denen auch Spezialkräf…
Lilo vom Netzwerk führte durch die Veranstaltung und hielt die erste Rede. „Was hat sich dieser Mann gedacht, dass er sich traut, in einer Straßenbahn vor den Augen anderer Menschen seine Frau anzuzünden?“, fragte sich die wütende Jenenserin. Sie freute sich aber über die große Anteilnahme: „Die Großzahl der Menschen hier zeigt, dass euch das bewegt“. Sie berichtete auch, dass sie jeden Tag von gewaltvollen Beziehungen hört oder dass Frauen aus Platzmangel in Frauenhäusern abgelehnt werden.
Diana Hennig, ebenfalls vom Netzwerk, erzählte, dass sie nach der Frauenkampftags-Demonstration am 8. März viele Kommentare bekommen hat, ob sowas dennoch notwendig sei. Sie findet, es sind strukturelle Probleme, die eine solche Tat ermöglichen. Sie kritisierte auch, dass es bisher keinen Tatbestand Femizid gibt. Die Tötungsdelikte werden meist als Effekttat eingestuft. „Doch solche Fälle passieren nicht aus einem Vakuum heraus“. Zum Schluss ihrer Rede wünschte sie dem Opfer und den Angehörigen trotz der Wut Liebe und Solidarität, dankte den rettenden Personen und wünschte den Zeug*innen Kraft und Mut, „damit auch ihr wieder heilen könnt“. Ein Sprechchor stimmte ein: „Ihr seid nicht allein! Ihr seid nicht allein! …“



Die Landtagsabgeordnete Katharina König-Preuss (Die Linke) und ihre ehemalige Kollegin Madeleine Henfling (Bündnis 90/Grüne) hatten auch zur Kundgebung aufgerufen und hielten Reden. „Männer werden gewalttätig, weil sie in einer Gesellschaft aufwachsen, die ihnen das Gefühl gibt, dass sie das dürfen“, mahnte Henfling. Sie berichtete auch von ihrer parlamentarischen Arbeit, dass sie immer wieder um das Geld für Frauenhäuser und Schutzangebote kämpfen musste.
„Das Problem liegt in Männern, in Männern, die meinen, sie können machen, was sie wollen!“, klagt König-Preuss an. „Ich finde, es ist an der Zeit, laut zu werden“. In ihrer Rede führte sie aus, dass es ein weltweites Problem ist. Sie nannte den Krieg im Sudan, die systematische Gewalt gegen Frauen auf der Flucht in Libyen, das Massaker am 7.10.2023 in Israel und die Zerstörung von Krankenhäusern in Gaza als Beispiele. Henflings Parteikollege Luis Schäfer nannte in seinem Beitrag Zahlen: „Fast jeden Tag findet in Deutschland ein Femizid statt. 2023 waren es ca. 940 Versuche. Davon endeten 360 tödlich.“ Er forderte eine zielgerichtete Prävention, ausreichend Finanzierung für diese Maßnahmen, eine konsequente Strafverfolgung und einen eigenen Strafbestand für Femizide.





Auch Kritik am Oberbürgermeister
Die Kritik richtete sich nicht nur gegen gewaltbereite Männer und das Patriarchat, sondern auch gegen den Oberbürgermeister Kurt Dannenberg und seine Stellungnahme. Es wurde kritisiert, dass er zwar die Tat verurteilte, aber den Appell an die Frauen gab, sich Schutz zu suchen. „Ich will eine Welt, in der Frauen nicht vor Männern Schutz suchen müssen!“, ärgerte sich Lilo. Hennig warf ihm Täter-Opfer-Umkehr vor. Es reicht nicht aus, zu sagen, wo man sich Hilfe holen kann. Auch König-Preuss kritisierte ihn und forderte zu dem den Stadtrat auf: „Ihr seid gewählt, um zumindest zu versuchen, sowas zu verhindern!“

Da die Kundgebung sonst als Gegenprotest zur rechtsextrem angeführten Montagsdemo dient, wurde auch diese thematisiert. „Antifaschismus und Feminismus gehen immer zusammen“, erinnerte Lilo und begründete das mit dem Frauenbild, das die AfD und andere rechte Parteien propagieren. Wie üblich zog die rechte Montagsdemo zweimal an der Kundgebung vorbei. Dabei gab es keine besonderen Ereignisse. Jedoch soll es eine Anzeige gegeben haben. Ein Mann von der rechten Seite soll die Personen auf der Kundgebung als „Kinderficker“ beschimpft haben. Dabei stand erst kürzlich jemand aus seiner Demo wegen Kindermissbrauchs vor Gericht.





