Vor 80 Jahren: Die US-Army geht, die Rote Armee kommt
Am 2. Juli 1945 übernahmen die sowjetischen Soldaten die Besetzung Geras von den US-. Ein Überblick zu diesem Part aus Geras Geschichte:

„Dichte Menschenmassen säumen die Straßen. Stafettenfahrer verkünden das Nahen der sowjetischen Panzer und Sturmgeschütze. Erwartungsvolle Stille liegt über den 30 000 Menschen auf dem Geraer Marktplatz. Das Rollen der Panzer wird hörbar. Der erste biegt um die Wegkreuzung. Die Panzer sind da: Die Mannschaften sitzen auf ihnen und eine Wolke von Blumen fällt auf die sowjetischen Soldaten. Sie danken mit Lachen, Rufen, Händeschütteln den Geraern für dieses Willkommen.“
Das schrieb die Thüringer Volkszeitung 1945 über die Ankunft der Roten Armee in Gera. Vor 80 Jahren, am 2. Juli 1945, zogen sie von Osten her in die Stadt ein. Von Leumnitz bis zum Geraer Marktplatz standen die Leute und begrüßten sie. Zuvor appellierte der von den Alliierten zum Oberbürgermeister ernannte Rudolf Paul an die Gerschen: „Seht im russischen Soldaten das, was er ist: Der Befreier von den Sklavenketten der Nazis.“

Paul war vor der NS-Zeit Rechts- und Staatsanwalt in Gera und hatte sich schon in den 1920ern gegen Hitler positioniert. Er versuchte, ihn mit rechtlichen Mitteln zu stoppen. Pauls antifaschistisches Engagement war eine gute Voraussetzung für ein Amt in der Zeit nach dem NS-Regime. Er kümmerte sich auch um einen guten Übergang im Sommer 1945. „So, wie wir empfangen werden, wird die Bevölkerung von uns behandelt“, wurde ihm von einem sowjetischen General vermittelt.
Paul, mit Amtskette, begrüßte den sowjetischen Stadtkommandanten Oberst Pinigin und seine Leute auf dem Markt. Nur wenige Tage später, am 16. Juli 1945, wurde Paul zum Präsidenten des Landes Thüringen berufen. Auch in dem Amt blieb er nicht lange. Im September 1947 floh er in den Westen.

Der oberste Chef der sowjetischen Militäradministration, Marschall G.K. Shukow befahl im Juli 1945:
„Auf dem Territorium der sowjetischen Okkupationszone in Deutschland ist die Bildung und Tätigkeit aller antifaschistischen Parteien zu erlauben, die sich die endgültige Ausrottung der Überreste des Faschismus und die Festigung der Grundlagen der Demokratie und der bürgerlichen Freiheit in Deutschland zum Ziel setzen.“
Nach Jahren im Verborgenen und unter Verfolgung war nun die Zeit der Antifaschisten gekommen. Mit einem roten Flugblatt begrüßte das Geraer Antifaschistische Komitee die Rote Armee: „Wir grüßen die Soldaten der Roten Armee! Voll Freude und Scham zugleich. Voll Freude, weil die Rote Armee und die mit ihr verbündeten Armeen den nazistischen Militarismus zerschlagen und uns vom Hitlerterror befreit hat. Voll Scham, weil es uns nicht selbst gelungen ist, aus eigener Kraft der Hitlertyrannei ein Ende zu setzen.“
Doch es gab in Gera auch noch die, die den Faschismus unterstützten und sich nicht freuten. In einem Brief, der heute im Stadtarchiv Gera liegt, schrieb damals die Geraer Flakhelferin Lilo an ihren Freund Herbert: „Eines Tages kam von unserem Oberbürgermeister der Befehl, dass die Russen kommen und die Bevölkerung soll sie mit Blumen empfangen. Die Leute haben es auch fertiggebracht und haben sie förmlich mit Blumen überschüttet. Alle Häuser waren mit Fahnen geschmückt. In unserer Straße ist unser Haus direkt aufgefallen, weil wir nicht geflaggt hatten. Ich habe an dem Tag bitterlich geweint, wenn man sah, wie denen zugejubelt wurde und unsere armen Landser kamen an Krücken oder hatten einen Arm verloren und wurden nicht beachtet…“ Sie hatte bis zuletzt mit Scheinwerfern den Himmel über den Leunawerke nach feindlichen Flugzeugen abgesucht.

Von US-Army eingenommen, von der Roten Armee besetzt
Die Aufteilung des Deutschen Reiches wurde bereits im Februar 1945 auf der Konferenz von Jalta (Krim-Halbinsel) beschlossen. Gera zählte mit Thüringen zur sowjetischen Besatzungszone. Gera wurde im April 1945 von US-amerikanischen Truppen eingenommen, die bis zum 1. Juli 1945 blieben.
Vor 80 Jahren: Gera wird von den Alliierten eingenommen
Der April 1945 war sehr ereignisreich in Gera. Ab 1944 wurde Gera mehrfach Ziel von Luftangriffen. Allein im April 1945 sind es drei Attacken. Am 6. April 1945 kommt es zum verheerendsten A…
Die Gruppe der Sowjetischen Streitkräfte, die aus den sowjetischen Besatzungstruppen hervorgegangen war, war bis 1994 in Deutschland stationiert. In Gera fand die offizielle Verabschiedung am 1. Mai 1992 statt. Der vollständige Abzug zog sich noch bis September 1994 hin. Wohl durch Zufall stieg in den 1990ern auf dem Gebiet der ehemaligen DDR und damit auch in Gera das nazistische Gedankengut enorm an.
Text: Elke Lier & Jacob Queißner