Poetry Slam im Sommergarten: „Ich gendere, weil sich niemand mehr über meine vegane Ernährung aufregt“
Eindrücke vom ersten OpenAir-Poetry SlamAm im Heinrichs Sommergarten im Clubzentrum Comma.
Am Freitagabend (02.08.) fand der erste OpenAir-Poetry Slam im Heinrichs Sommergarten statt. Es war der zweite Slam aus der Reihe „Sprich aus, was du denkst“ in diesem Jahr. Moderiert wurde die Veranstaltung von Robert Mückenheim. Er veranstaltet bereits seit 2019 Slams in Gera, weil er fand, dass die Szene östlich von Jena zu dünn besiedelt ist. 2021 kam die Kooperation mit der Stadt Gera und dem Clubzentrum Comma.





Bei untergehender Sonne, Getränken und Essen vom Grill war der Sommergarten von Heinrichs und Comma gut gefüllt. Acht Wortakrobaten traten mit ihren selbst geschriebenen Texten gegeneinander an. Wer mehr Applaus für Kreativität, Vortragsweise und Inhalt erntet, kommt weiter ins Halbfinale. Im ersten Duell standen sich Leo Lippold und Mike Mondkind gegenüber. Für Leo war es der erste Slam. Zu seinen beiden Texten sagte er: „Ich hab heute 14 Uhr damit angefangen zu schreiben“. Aber das reichte aus, um eine Runde weiterzukommen. Mike, der schon beim Slam im Februar dabei war, konnte mit seinem reimvollen Text „Sema“ über Derwisch-Tänze zwar ähnlich viel Applaus ernten, unterlag aber knapp.



Im zweiten Duell trat Alina Engel mit einem Text über Sommerliebe gegen Janka Partisanka, im Februar in Gera schon erfolgreich war, an. Janka erzählte sehr ironisch über regionale Hippiefestivals, den einzigen Festivals an denen sie als Ü40-Frau und Mehrkindmutter hingehen kann.



Im nächsten Duell verarbeitete Jessica Wuckelt ein Liebesdrama in mehreren kurzen Gedichten unter dem Titel „Herz und Schmerz“. Für sie war es der erste Slam. Ihr Gegner Richie Minus Eins hingegen wurde sehr politisch. Er trug einen Text über Walter Lübcke und dem rechten Mob im Netz und auf der Straße vor, den er nach der Ermordung des CDU-Politikers geschrieben hat und immer noch als aktuell ansieht. Wie schon im Duell davor unterlagen Romantik und Gefühle.



Das vierte und letzte Duell sah Jasmin Schramm, die mit „An Mich“ über ihr 15-jähriges Ich sprach und Lehrer Andreas Budzier, der ironisch über ähnlich alte Schüler*innen berichtete. Sein teils böser Humor kam gut an und er damit eine Runde weiter.



Nach einer kurzen Pause ging es weiter mit dem Halbfinale. Hier unterlag Newcomer Leo, der sich von seinem rappenden Sohn zum Slammen inspiriert gefühlt hat, der erfahrenen Janka. Sie kündigte an, in ihrem Text über eine Bewerbung geht es um „Tod, Sex, Gewalt und fleischlose Ernährung - ihr müsst nicht lachen. Ich stehe im Nachhinein für Gespräche zur Verfügung“. „Vielleicht mal zwischendurch was Kontroverses“. Ihr teils böser und provokanter Humor kam beim Publikum gut an: „Ich gendere sehr gerne, weil sich niemand mehr über meine vegane Ernährung aufregt“, sprach sie und gab zu, sich doch am Grillstand bedient zu haben.






Richie blieb politisch in seinem zweiten Text, den er dem „wichtigsten Körperteil der Geschichte“ widmete. Er listete historische Kniefälle auf, vom Gladiator und Robespierre zu Willy Brandt, Monica Lewinsky und Colin Kaepernick. Lehrer Andreas zog auch im zweiten Text über seine Schüler*innen und diesmal auch über das Lehrerzimmer her. Er sprach über „Plusquamperfekt, das ausgestoßene Mitglied der Grammatikfamilie“ und andere Schwierigkeiten für die Schüler: „Futur 1 brauchen wir für die Zukunft, davon hast du ja nicht viel“. Damit zog er ins Finale ein.



Doch bevor er zum finalen Entscheid kam, zählte Moderator Robert einige Datumsfakten zum 2. August auf. 1984 ging die erste Mail an einen deutschen Server und 1953 gab es mit Edgar Barth auf EMW (sowie Rudolf Krause und Ernst Klodwig, Anmerkung der Redaktion) die einzige DDR-Beteiligung an einem Formel-1-Grand-Prix. Außerdem ist dieser Tag nun der Gedenktag für Sinti und Roma und es ist der Namenstag von Eusebius. Robert fragte herum, aber es gab keinen Eusebius im Publikum. Dafür vermeldete das Publikum ein Geburtstagskind, welches sogleich ein Ständchen über sich ergehen lassen musste. Das Finale zwischen Janka und Andreas wurde per Handzeichen entschieden. „Jeder nur ein Arm - am besten den linken, wir sind hier ja in Gera“, warnte Robert. Es war knapp, aber Andreas bekam die meiste Zustimmung und damit den ersten Preis, dem selbst gemalten Bild „Das hässliche Rotkehlchen“ von Robert. Janka bekam für ihren zweiten Platz einen Dosenöffner.









So ging ein humorvoller Tag in angenehmer Sommeratmosphäre in Gera zu Ende. Zwei weitere Slams folgen am 27.09. und 08.11. Interessierte Slammer*innen können sich via geraslammer@gmail.com bei Robert anmelden.






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