Rechte Demo-Routine von Antifa, Polizei & Volksfest gestört
Die wöchentliche rechte Montagsdemo konnte am vergangenen Montag nicht wie sonst laufen. Zwei antifaschistische Kundgebungen sowie das Herbstvolksfest und die Polizei schränkten sie ein.
Am vergangenen Montag konnten die Montagsdemonstrant*innen ihre Demo, bei der sich besonders Rechtsextremisten und Reichsbürger*innen hervorheben, nicht in ihrer gewohnten Routine abhalten. Nachdem sie schon den Platz vor dem Theater, lange Zeit Ort ihrer Endkundgebungen, an den wöchentlichen Versammlungen des Aktionsbündnisses Gera gegen Rechts verloren haben, mussten sie sich in dieser Woche auch einen anderen Startplatz aussuchen. Normalerweise sammeln sich auf dem Hofwiesenparkplatz an der Ecke Küchengartenallee/Parkstraße. Durch das Herbstvolksfest, welches vom 19. Oktober bis zum 3. November stattfindet, ist der Parkplatz in weiten Teilen belegt. Außerdem gab es eine zweite angemeldete Versammlung im Bereich der Kreuzung Küchengartenallee/Parkstraße. Zu dieser Versammlung riefen die Antifa Aktion Gera (AAG) und andere antifaschistische Aktionsgruppen aus Thüringen auf. Die Polizei sperrte die Parkstraße großzügig mit sogenanntem Hamburger Gitter ab und hielt Personen vom Betreten der dortigen Straßenbahngleise ab. So versammelten sich die Rechten am Pavillon gegenüber der Orangerie.
Die Stimmung in dem nicht angemeldeten Aufzug des rechten Lagers war schon von Beginn an recht aggressiv. Sie zogen los, an den Prinzenhäusern vorbei über die Neue Straße Richtung Gebrüder-Häußler-Straße. An der Panndorf-Sporthalle stoppte die Polizei die Demo. Es gab die zusätzliche Beauflagung, das Trommeln zu unterlassen. Unter großem Protest gab man sich der Auflage hin. Demo-Anführer Christian Klar, vorbestrafter Rechtsextremist aus Gera, rief durchs Mikro, dass die Trommler die Demo am Pavillon „mit einem riesigen Trommelkonzert“ empfangen sollen.
Doch bis dahin schafften sie es nicht. Als die Demonstration auf der Ernst-Toller-Straße in die Bahnunterführung lief und damit in Sichtweite der demokratischen Versammlungen kam, fingen sie wieder mit Trommeln an. Die Polizei stoppte die Demo erneut und nahm die Trommler, darunter mindestens ein bekannter Reichsbürger, in eine Maßnahme. Am Abend nach der Demo vermeldete die polizeiliche Pressestelle: „zwei Anzeigen wegen des Verstoßes gegen § 86a StGB, eine Beleidigung zum Nachteil eines Medienvertreters, einen Widerstand gegen Vollstreckungsbeamte sowie sechs Verstöße gegen das Versammlungsgesetz (u. a. Vermummungsverbot, Auflagenverstoß)“.
Die beiden anderen Kundgebungen verliefen störungsfrei. Auch der Straßenbahnverkehr wurde nur geringfügig behindert. Auf der wöchentlichen Versammlung des Aktionsbündnisses konnte man sein Statement gegen Hass aufschreiben oder verkünden. Mithilfe von Polyluxen wurden außerdem Botschaften an die Wand des Theaters projiziert. Auf der Antifa-Kundgebung in der Parkstraße gab es zudem einige Redebeiträge und auf beiden Versammlungen wurden warme Getränke verteilt.
Bürgerwehr ins Leben gerufen
Nachdem er im Sommer verkündete seine Demos nicht wieder anzumelden, sprach Christian Klar in seiner Abschlussrede davon, dass er den sogenannten Montagsspaziergang für die nächsten 12 Monate im Voraus anmelden möchte und beschimpfte dabei auch noch die demokratischen Versammlungen als „widerliches Pack“.
In der Woche davor stimmte er dem ebenfalls vorbestraften Neonazi David Köckert zu, der in seiner Rede nicht nur gegen die AfD und deren Kanzlerkandidatin Alice Weidel ätzte, sondern auch ausrief: „Unser Kampf bleibt national und sozialistisch!“ Außerdem rief Klar, der seit 1996 die Justiz beschäftigt, eine Art Bürgerwehr ins Leben. Er kündigte eine Notrufnummer an, bei der man sich melden könne. Wenn ein Notruf kommt, will man zuerst die Polizei informieren, „dass wir losfahren, mit Baseballschlägern und dann haben sie die Chance, schneller zu sein als wir“. Nach eigenen Angaben sind Klar und Kumpanen noch in derselben Woche nachts durch die Innenstadt patrouilliert.
Vorausgegangen war ein mutmaßlicher Angriff migrantischer Personen auf eine junge Frau, die im Block der sogenannten Gerschen Jugend mitläuft. Die Polizei hielt sich bei Gerda-Nachfrage bedeckt: „Die KPI Gera hat die Ermittlungen zu dem beschriebenen Sachverhalt aufgenommen. Die Ermittlungen zu den Hintergründen und zu den Tätern dauern an.“
Statement der Stadt zu den Entwicklungen
Am Freitag, dem 18. Oktober, veröffentlichte die Stadt Gera eine Erklärung zu den Entwicklungen im Rahmen der Montagabende. Darin heißt es: „Der Oberbürgermeister der Stadt Gera, Kurt Dannenberg, distanziert sich mit Nachdruck von den jüngsten Entwicklungen bei den montäglichen Demonstrationen im Stadtgebiet.“ Man ärgere sich über die Verschlechterung des Images der Stadt. „Statt positive Beiträge zur Stadtentwicklung zu leisten und gemeinsam in einen Dialog zu treten, sehen wir uns hier mit einer Atmosphäre konfrontiert, die von negativer Rhetorik und persönlicher Profilierung geprägt ist“, findet Dannenberg. „Die nationale Medienberichterstattung hat Gera vorwiegend negativ im Fokus, was die Wahrnehmung der Stadt als Beispiel für extremistische Ansichten und gesellschaftliche Spannungen verstärkt“, heißt es weiter in dem Schreiben.
Außerdem wurde genannt, dass „die Demonstrationen ihren Ursprung in konstruktiven Ansprüchen immer mehr aus dem Auge verlieren“. In antifaschistischen Kreisen sorgte diese Aussage für Irritation und Ärger. Schon zu Beginn der Montagsdemonstrationen konnte man rechtsextreme Teilnahme und Organisation beobachten, zu der unter anderem die Recherchegruppe Ostthüringen und die Gruppe Ostthüringer Divan Belege veröffentlichten.
Eine weitere Aussage von OB Dannenberg irritierte auch: „Die Versammlungsbehörde der Stadt Gera leistet ihre Arbeit gesetzeskonform und nimmt ihre Aufgabe stets ernst, über alle Versammlungen informiert zu sein und im Austausch mit der Polizei lagebezogene Maßnahmen zu ergreifen. Aufgabe der Versammlungsbehörde ist es dabei nicht, über die politischen Inhalte der Versammlung zu urteilen“. In einer Runde mit Pressevertreter*innen gab er kürzlich an, dass im Rahmen der Umstrukturierung der Stadtverwaltung zum Jahr 2025 auch in der viel kritisierten Versammlungsbehörde personelle Veränderungen geben wird.
Ohne es konkret zu benennen, kritisierte die Stadt in dem Statement auch die Entwicklungen rund um die Bürgerwehr: „Selbstjustiz ist in jedem Fall nicht zu akzeptieren“.