Tag 8 im ISPK-Prozess: „Du hättest vorsichtiger sein müssen“
Observation durch den Verfassungsschutz, Frustration und ein gestutzter Bart. Das Update zum achten Verhandlungstag:
Darum geht es: Den beiden Angeklagten Ibrahim M. G. und Ramin N., zwei in Gera ansässige Afghanen, wird vorgeworfen, einen Terroranschlag in Stockholm geplant zu haben, um für den Islamischen Staat die Koranverbrennungen zu rächen. Zuvor sollen sie auch an die Witwen und Waisenkinder von IS-Männern gespendet haben und überlegten zudem, sich in Nigeria der islamistischen Miliz anzuschließen.
Die Beweisaufnahme neigt sich dem Ende zu. Am achten Verhandlungstag wurde das Verlesen der Fußnoten fast abgeschlossen. Die Fußnoten verweisen auf die Erläuterungen im Anhang der Anklageschrift. Einige der Vermerke stammten wieder vom BKA. Die enthielten Gutachten und Einordnungen von Islamwissenschaftlern zum Islamischen Staat, dem Ableger IS-PK und dem Flüchtlingslager Al-Hol. Die Vermerke wurden als Selbstleseverfahren eingeführt, gezeigt wurden nur die Bilder aus den Dokumenten. Einige Aufnahmen zeigten den Terroranschlag in der Crocus City Hall Krasnogorsk/Russland, den IS-PK-Anhänger am 22. März 2024 verübt haben. Nur drei Tage zuvor wurden die beiden hier angeklagten Männer in Gera festgenommen.
Auch das Bundesamt für Verfassungsschutz (BfV) lieferte Vermerke. In einem Vermerk wurden Screenshots von Bildern und Videos gezeigt, die G. auf seinem Facebook-Profil geteilt hatte. Darunter einiges mit IS-Bezug dabei, von Predigten bis hin zu brutalen Videos von Hinrichtungen. G. kommentierte die geteilten Videos zweimal mit „Islamischer Staat für immer“.
Auch aus den Überwachungsmaßnahmen des BfV wurde Material gezeigt. Darunter waren Fotos, wie die beiden Angeklagten sich auf dem Schwarzmarkt in Tschechien Macheten anschauen und wie sie die Polizei in Hof besuchen, um sich im März 2024 ihre beschlagnahmten Smartphones abzuholen. Das BfV hat die Fahrt nach Tschechien dokumentiert. Die Fahrtdaten wurden mit einem Tankbeleg gegengecheckt, welcher bei der Festnahme im März beschlagnahmt wurde. Auch wurde berichtet, wie N. kurz vor der Fahrt nach Tschechien bei einer Fahrschule in Gera seinen Vorschuss für den Führerschein zurückbekommen wollte. Als Grund gab er eine Rückkehr in die Heimat an.
Aus dem Observationsbericht des BfV geht auch hervor, dass sich beide über die Kontrolle bei der Rückkehr aus Tschechien und die Folgen durch das Auffinden des Schlagrings von N. unterhalten haben. „Du hättest vorsichtiger sein müssen“, soll G. gesagt haben. „Nach jedem Hinfallen ist man schlauer“, war die Antwort von N., „es war mir eine Lehre“. Sie hatten beide Geldstrafen bekommen. Später, als sie gerade ihre beschlagnahmten Smartphones abgeholt haben, echauffierten sie sich darüber, dass die Polizei anscheinend ihre Accounts gelöscht hat. „Allah möge euch vernichten, dafür, dass ihr mein WhatsApp kaputt gemacht habt“, schimpft einer der beiden.
Des Weiteren wurden Chatpassagen verlesen. Mit IS-Mann Talha hatte G. vor der Fahrt nach Tschechien intensiven Kontakt. Talha schien dabei etwas Druck zu machen. Er hat immer wieder gefragt, wie weit die beiden sind. G. verwies darauf, dass sein Freund arbeiten muss und die Leute sehr zögerlich sind, ihnen Waffen anzubieten. „Sie fragen, wozu brauchen wir das?“, beklagt sich G. „Sie sagen, da wir Bart tragen und Muslime sind, besteht der Verdacht, dass wir ein Attentat planen“. Später stutzt sich G. seinen Bart. Talha hat es empfohlen.
Für G. gab es noch den rechtlichen Hinweis vom GBA, dass die Gesetzbücher auch eine Verurteilung möglich machen, wenn die Taten nicht im Zeitraum, der in der Anklageschrift genannt ist, stattfanden. Vorausgegangen waren die Erkenntnisse aus Tag 7, dass G. auch nach der Beschlagnahme seines Smartphones am 9.9.2023 IS-Propaganda geteilt hatte und den Wunsch einer Ausreise formuliert hat.